Hohe Wände und große Fenster, ein Tisch, Regale, Staffeleien, Leinwände, ein Sofa – und jede Menge Farbe: Auf den Wänden, der Küchenzeile, in Tuben, Flaschen und auf Bildern, auf dem Boden und in Dosen. Das GuckMal-Atelier im Jugendhaus Tenever ist bunt, kunterbunt.
Und das ist in dem einladenden Raum nicht nur überall sichtbar, sondern auch spürbar: Bunt ist nämlich auch die inhaltliche Ausrichtung: „Wir sind ein Safe Space für alle, wir sind inklusiv. Hier ist jeder zwischen 10 und 21 Jahren willkommen, eigene Ideen umzusetzen“, sagt Annette Niggemann. Die Kunstpädagogin und Kunsttherapeutin im GuckMal- Atelier - ein Angebot von Petri & Eichen, Diakonische Kinder- und Jugendhilfe gGmbH.
Entstanden aus einem Projekt der Aktion Mensch, ist das GuckMal fest im Stadtteil Tenever verwurzelt. Seit rund sieben Jahren hat es seine Heimat im Jugendhaus an der Koblenzer Straße. Annette Niggemann ist seit zwei Jahren dabei. Das offene Angebot ist ihr ans Herz gewachsen: „Es ist einzigartig in Bremen. Das GuckMal ist ein Ort der Partizipation und es verbindet die Jugendlichen durch die Kunst“, sagt die 32-Jährige.
Täglich von 16 bis 19 Uhr ist das Atelier geöffnet, am Mittwoch sogar noch länger. Manche kommen täglich, andere einmal die Woche, andere noch seltener. „Die meisten, die das Angebot nutzen, leben in den Blöcken hier“, sagt Annette Niggemann und zeigt Richtung Fenster, durch das man die Hochhäuser sehen kann, die an diesem Tag hell in den blauen Himmel ragen. Durch eine Kooperation mit dem MartinsClub kämen aber auch viele Menschen mit unterschiedlichen Handicaps aus anderen Stadtteilen. Die Pädagogin freut sich über solche Kooperationen, die das GuckMal über die Grenzen Tenevers hinweg bekanntmachen. „Ich bin froh, wenn viele von unserem Angebot profitieren.“
Wer kommt, kann umsetzen was er/sie möchte. Sind die eigenen Vorstellungen zu starr, versucht Annette Niggemann, diese ein wenig aufzubrechen. Bewertet, wie in der Schule, wird im GuckMal nichts: „Wir reden über die Werke, ja, aber es gibt keine Bewertung.“ Das verhindert nicht, dass die Jugendlichen im Atelier Schulprojekte fertigstellen und dafür alle Materialien nutzen können – kostenfrei.
Außerdem ist es auch immer möglich, gebrauchte Dinge mitzubringen, um daraus etwas Neues zu schaffen. Das Thema Recycling wird im Atelier großgeschrieben. „Es ist wichtig, zu zeigen, dass nichts weggeworfen werden muss oder dass das „Lieblingsstück“ i.d.R. noch repariert werden kann“, ergänzt Annette Niggemann.
Es gibt auch täglich Angebote und immer wieder „Trends“: Mal nähen alle Kissen oder knüpfen Armbänder, dann ist Linoldruck angesagt oder die Arbeit mit der Sprühdose. Und es wird zwischendurch immer wieder einfach mal experimentiert. Dabei darf gekleckert werden: „Aufgeräumt wird gemeinsam in der letzten halben Stunde.“ Das klappt meistens…
Manch ein Teilnehmender kommt „nur“ ins Atelier, um auf dem Sofa zu chillen. Oben im Wohnzimmer, einer Art Galerie über der kleinen Werkstatt, die im Atelier integriert ist. „Das ist völlig okay“, sagt Annette Niggemann, die für die Teilnehmenden nicht nur einen sauberen Pinsel und eine leere Leinwand bereithält, sondern auch ein offenes Ohr für Probleme zu Hause, in der Schule oder im Freundeskreis hat. „Der eine redet sofort drauf los, die andere braucht vielleicht ein bisschen, ist erst mal ganz still und zeichnet nur. Da muss man auf ein Zeichen warten.“
Gemeinsam nehmen die Jugendlichen an den Wettbewerben der Landeszentrale für politische Bildung teil – „und wir gewinnen eigentlich immer etwas“. Dann geht es gemeinsam ins Restaurant oder zum Shoppen in die Innenstadt. Und besonders toll sind Ausstellungen außerhalb des Jugendhauses. Wenn die Bilder aus der bunten Umgebung herausgeholt und an eine weiße Wand gehängt werden. Das ist eine besondere Wertschätzung - für Werk und Künstler*in.